Der Wecker klingelt am 8. Febraur um halbsechs. Wir beide sind noch müde und wollen eigentlich noch schlafen, doch wir mit der Mitarbeiterin vom Boyle Village Outdoor Center vereinbart, dass wir um Halbacht mit ihr zurück nach Boyle Viallage fahren.
Gegen neun Uhr sind wir zurück in Boyle Village und startbereit. Wir verabschieden uns noch von Sarah aus Hamburg und marschieren munter dem Tui Track entlang in Richtung Boyle River. Nach etwa eineinhalb Stunden haben wir die Stelle zur Überquerung des Flusses erreicht. Gisela geht voraus mutig in den Fluss hinein und schon Qbald bemerkt sie, dass der Fluss tiefer als erwartet ist. Sie ist leicht verunsichert, das Wasser steigt bis zur Leiste, die Stömung unangenehm stark. Nach kurzem Zögern schafft es dann doch problemlos durch den Fluss.
Etwa eine Stunde später wiederholt sich das Bild als wir den Doubtful River überqueren,
das Wasser reicht dieses Mal bis zur Hüfte, die Strömung unangenehm stark. Auch diesen Fluss überqueren wir ohne größere Schwierigkeiten. Wir wandern nun weiter durch jungen Manuka Wald, nach etwa 3 Stunden erreichen wir dann die Kreuzung zum Hope-Kiwi Track. Dieser Track führt in das Hope Valley. Der Trail führt am Fuße des Berghanges entlang stetig nach oben. Auf der gegenüber liegenden Talseite kann man riesige Ablagerungenstufen erkennen. Gegen 15:30 erreichen wir die Half Way Shelter. Laut Trailnotes sind es nur noch ca. 2,5 Stunden bis zur Hope-Kiwi Lodge. Kurz vor dem erreichen der Lodge überqueren wir den Hope River über eine Hängebrücke und wandern über zwei Geländestufen nach oben und müssen zu Schluss nur noch zwei Waldstücke durchwandern. Doch der Sturm der letzten Woche hat hier riesigen Schaden angerichtet. Wir müssen über Bäume klettern oder darunter durch, umgefallene Bäume umgehen. Für den letzten kurzen Abschnitt brauchten viel länger als geplant und so kommen wir erst gegen 18:30 in der großzügig angelegte Hope-Kiiwi Lodge an, die wir heute für uns alleine haben

Es ist gemütlich in der Hope-Kiwi Lodge
Donnerstag, 8. Februar
Als wir heute früh aufstehen steigt draußen der Nebel auf, es scheint in der Nacht ziemlich stark abgekühlt zu haben. In diesem engen Tal mit den hohen Bergen kommt die Sonne nur langsam ins Tal herunter.
Kurz vor acht Uhr starten wir, den Pullover noch angezogen wandern wir durch das hohe taunasse Gras und schon nach kurzer Zeit sind die Füße nass, es fühlt sich empfindlich kalt an. Wir wandern in Richtung Kiwi Saddle, nach etwa einer Stunde erreichen uns endlich die ersten Sonnenstrahlen. Schnell wird es wärmer. Nach etwa eineinhalb Stunden sind wir dann auf dem Kiwi Saddle.

Plains bei der Hope Kiwi Lodge am frühen Morgen
Weiter geht es durch native Bush, mächtige, hunderte von Jahren alte Bäume, die dem clearing wohl entkommen sind. Es geht Am Lake Sumner vorbei, den wir vor lauter Bäumen aber nicht zu sehen bekommen, auch vom Aussichtspunkt nicht. Nach einem langer Abstieg durch den Wald dem Berghang entlang erreichen wir nach etwa 5 Stunden endlich das Ufer des Sees. Kurz darauf sind wir dann bei der Hängebrücke über den Hurunui River angelangt, von hier ist es dann nur noch eine halbe Stunde bis Hurunui Hut. Wir sind müde, es ist heiss. Wir überlegen kurz ob wir bleiben wollen oder weiter gehen sollen. Nach einer Stärkung gehen wir dann weiter, es sind noch 4,5 Stunden bis Hurunui (No. 3) Hut, es wird ein langer Tag, wir werden erst gegen sieben Uhr ankommen. Gisela gefällt dieser Gedanke gar nicht.

Lake Sumner
Wir wandern zunächst langsam los, der Weg ist gut wir kommen schnell voran, später im Flachen auf Gras legt Gisela ein enormes Tempo vor, ich kann kaum noch folgen. Nach ca. Einer Dreiviertelstunde müssen wir den Berghang entlang wandern, ab hier geht es immer wieder auf und ab, über Wurzeln und Steine, teilweise ist der zu querende Hang unangenehm steil. Meine Füße schmerzen langsam, der Rucksack wird auch immer schwerer, auch die Schultern und Hüften schmerzen. Gisela wandert weiter locker dahin ich bin fertig, müde, kann kaum mehr weiter. Es sind noch etwa 3,5 km bis Hurunui Nr. 3, lange km. Wir legen eine Pause ein um zu entspannen. Glücklich aber todmüde kommen wir dann gegen 18:00 in der Hurunui #3 Hut an. Es war ein lange und anstrengender Tag, 10,5 Stunden und fast 30 km mit schwerem Gepäck auf einem teilweise sehr schwierigen Trail.
Freitag, 9. Februar
Heute wandern wir über den Harper Pass zur Locke Stream Hut, es ist ein kurzer Wandertag. Wir starten bei wolkenlosem Himmel, wandern durch sog. nativ Bush mit uralten und mächtigen Bäumen, ein tolles Gefühl hier hindurch zu wandern mit Gisela. Es geht kaum bergauf. Lange wandern wir in das Harper River Valley bei angenehmer Steigung. Nach etwa einer Stunde erreichen wir die Cameron’s Hut, ein guter Unterstand bei schlechtem Wetter. Ab wird es steiler, das Tal enger. Der Weg führt immer wieder dem Hang entlang um enge, steile Schluchten zu umgehen.
Als wir uns langsam dem Harper Pass nähern ändert sich die Vegetation dramatisch, wir kommen vom Wald in die Strauchzone. Vom Pass sieht man nun in das Taramakau Valley hinunter, das Tal in dem die Locke Stream Hut liegt, hinunter. Wir sind auf Halbweg.
Wieder einmal ein extrem steiler Abstieg. Der Trail hinunter zum Taramakau River verläuft einfach durch das Flussbett, bei Regen sicher ein unangenehmer Abschnitt , denn die Flüsse steigen extrem schnell an. Nachdem wir den Talboden erreicht haben brauchen wir noch etwa noch 1,5 Stunden bis zur Locke Stream Hut. Bei herrlichem Sonnenschein genießen den restlichen Nachmittag.

Am Harper Pass

Taramakau Valley, gesehen vom Harper Pass
Samstag, 10. Februar
Von der Locke Stream Hut ist es ein langer Weg durch das Tauramakau Valley. Zunächst füjrt der Trail durch Wald, dem Fluss entlang, den wir heute auch mehrmals überqueren müssen. Nach 2,5 Stunden erreichen wir die Kiwi Hut, kurz davor begegnen wir zwei einheimische Wanderer, die uns den neuesten Wetterbericht mitteilen. Heute noch schön aber ab morgen regen für mehrere Tage. Wir entscheiden uns deshalb noch heute zumindest bis zur Upper Deception Hut zu wandern, das wird heute ein extrem langer Tag werden.

Locke Stream Hut
Vorerst müssen wir aber noch aus dem Tauramakau Valley raus und das dauert noch mindesten 3 Stunden. Der Weg aus dem Tal ist nicht so einfach, trockenes Flussbett über Geröll, durch Ginster, unzählige Male den Fluss durchqueren, das braucht einfach Zeit. Nach etwa einer weiteren 1,5 Stunden veräuft der Trail wieder auf einer alten Schotterstraße. Am Talausgang wandern dann eine atemberaubende Auenlandschaft. Jetzt müssen wir nur noch über Otira River, kein Problem, da der Fluss nur relativ wenig Wasser führt. Kurz darauf erreichen wir den SH 73, die Arthur’s Pass Straße.

Auf dem Weg zur Upper Deception Hut
Der Deception-Mingha Track beginnt bei der Morrison Footbridge. Auf dieser begegnen wir Sally, eine Amerikanerin, die ganz begeistert von unserer Wanderung ist, sie gibt uns noch Äpfel und Gummibärchen. Nun wandern unerschrocken über die Brücke, vorbei am Schild: Deception Hut 8 Stunden, Goat Hut 9 Stunden, es ist bereits 14:00 Uhr, Scheint vorerst für uns kein Problem zu sein. Erst später macht sich Gisela Gedanken, dass wir womöglich die Deception Hut gar nicht erreichen werden, doch wir kommen zügig voran. Anfangs ist der Track noch einfach, doch das Tal wird enger und steiler, die Berge werden mächtiger
Die letzten 3,5 km werden nun viel langsamer, wir müssen über größere Steinblöcke kraxeln, wir den Trail immer wieder im Fluss ausfindig machen. Schön langsam ziehen von Westen her immer dunklere Wolken auf, die wohl den angekündigten Regen bringen werden. Gegen 19:00 erreichen wir müde aber glücklich die Deception Hut. Wir essen zu Abend und dann kommt gegen 20:00 Uhr kommt noch ein junges Australisch/Niderländische Paar.
Sonntag, 11. Februar
In der Nacht hat der Regen eingesetzt. Ab 4:00 Uhr bin ich dann wieder Wach, mache mir Gedanken über unseren Weg aus dem Tal. Wir stehen sehr früh auf, frühstücken und machen alles startklar. Gegen 6:45 sind wir dann bereit und gehen alle gemeinsam noch oben zur Goat Pass Hut.

Der Trail, einfach im Deception River nach oben
Wir müssen den Deception River bei Regen nach oben, müssen uns beeilen uns denn Wasser reicht teilweise schon bis zur Hüfte. In diesem engen und steilen Tal dauert es nicht lange bis das Wasser im Fluss ist. Mehrmals müssen wir die Flusseite wechseln, über immer größere Steinblöcke müssen wir klettern. Nach etwa 1,5 Stunden erreichen wir dann endlich die Abzweigung zum Goat Pass. Ein letztes Mal durch den Deception River. Das Wasser reicht mir bis zum Bauchnabel.

Deception River bei Regen. Eile ist angesagt
Nur noch eine halbe Stunde bis zur Goat Pass Hut. Der Trail dorthin ist ein kleinerer Zufluss des Deception Rivers. Völlig durchnässt und leicht unterkühlt erreichen wir kurz nach acht Uhr die Goat Pass Hut. Dort sind Arbeiter, die gerade Reparaturen durchführen. Es regnet weiterhin stark und so entscheiden wir auf der Hütte zu bleiben und zu rasten.

Konzert in der Goat Hut.
Montag, 12. Februar 2018
Es war eine ruhige Nacht, wir haben gut und lang geschlafen. Um sieben Uhr stehen wir auf, frühstücken gemütlich und wandern gegen 8:20 Uhr los. Den Pass erreichen wir nach nur wenigen Minuten. Über einen Boardwalk geht es nun in Richtung Mingha Valley. Mittlerweile hat ein leichter Schauer eingesetzt. Ich versuche noch einige Fotos zu machen, plötzlich höre ich Gisela aufschreien und weinen, sie ist gestürzt und hat sich den linken Unterarm gebrochen. Der Traum, gemeinsam auf dem Te Araroa Trail durch Neuseeland zu wandern ist vorerst aus.

Board Walk am Goat Pass unmittelbar vor Gisela’s Unfall
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